Der Begriff Gender taucht immer häufiger in den Medien und in unserem Alltag auf. Doch worum handelt es sich bei diesem Begriff und in welchen Lebensbereichen spielt Gender überhaupt eine Rolle? Um den neuen Anforderungen der Sprache und des Alltags gerecht zu werden, muss man die verschiedenen Geschlechter und Geschlechterrollen optimal unterscheiden können. Wir zeigen, worum es beim Begriff Gender geht, wo die Einsatzbereiche des Genderns sind und welche Auswirkungen die unterschiedlich wahrgenommenen Geschlechter auf unseren Lebensalltag nehmen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Definition: Gender
- 2 Gender: Soziales Geschlecht vs. Biologisches Geschlecht
- 3 Gender und Gender Studies
- 4 Gender und die Bedeutung von Geschlechterrollen
- 5 Gender Mainstreaming
- 6 Gender – diese Geschlechter gibt es
- 7 Was kann man gendern?
- 8 Was bedeutet Genderkompetenz?
- 9 Gender in der Kritik
- 10 Quellennachweise
Definition: Gender
Der Begriff Gender kommt aus dem englischen Sprachraum und bezeichnet dort das Geschlecht eines Menschen. Doch der Begriff hat sich im Laufe der Zeit deutlich verändert und wurde mit anderen Bedeutungen aufgeladen. Zumal die Begrifflichkeiten und die damit in Verbindung stehenden Bewegungen weitaus länger aktiv sind, als es sich viele Menschen ausmalen können. So prägte bereits im Jahr 1949 die französische Schriftstellerin Simone de Beauvoir den Satz: „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“. Hier wird bereits deutlich, dass das biologische Geschlecht keine reine Festlegung ist, sondern dass es eine Wahl gibt. Die geschlechtlichen Zuschreibungen befinden sich somit bereits seit sehr langer Zeit in einer kritischen Hinterfragung und einem beständigen Wandel. Doch erst in den letzten Jahren ist der Begriff Gender auch im deutschsprachigen Raum bekannter geworden. In der modernen Zeit ist der Begriff noch viel stärker mit der Hinterfragung bestehender Geschlechterrollen und -identitäten verknüpft und dient als Grundlage von politischen und gesellschaftlichen Diskussionen.¹
Gender: Soziales Geschlecht vs. Biologisches Geschlecht
Von vielen Menschen wird der Begriff Gender gleichbedeutend mit dem englischen biologischen Begriff „sex“ verwendet. Doch hier gilt es feiner zu unterscheiden. Als „sex“ wird das bei der Geburt zugewiesene biologische Geschlecht bezeichnet. Hier kann nur zwischen männlich und weiblich unterschieden werden. Der Begriff Gender umfasst allerdings sowohl männlich als auch weiblich und ein drittes, nicht definiertes Geschlecht und wird vor allem von der Innenwahrnehmung bestimmt. Es handelt sich also eher um ein sozial geprägtes Geschlechterbild, welches unter anderem auch in Zuschreibungen und Verhaltensweisen deutlich wird. So werden bestimmte Eigenschaften eher dem männlichen oder auch dem weiblichen Genderbegriff zugeschrieben, auch wenn diese nicht mit dem biologischen Geschlecht, also dem „sex“ zu tun haben.²
Gender und Gender Studies
Gender Studies ist zu einem wichtigen Studiengang in der heutigen Zeit geworden und wird auch in Zukunft erst einmal noch wichtig bleiben. Es handelt sich bei dem Studiengang um die Wissenschaft, welche untersucht, welche Rollen und Bedeutungen Geschlechtern und Geschlechterrollen in Politik, Kultur und in vielen weiteren Lebensbereichen zukommen. Je genauer diese Bedeutungen und Rollen untersucht werden, umso effektiver kann das Gender Mainstreaming angepasst und optimiert werden. Somit nähert man sich durch diese Wissenschaft einer Zukunft an, in welcher kein Geschlecht mehr benachteiligt sein wird und in der die Geschlechter in ihrer Rolle und Bedeutung absolut gleich sein werden.³
Gender und die Bedeutung von Geschlechterrollen
Der Begriff Gender beschreibt die verschiedenen Geschlechterrollen genauer und hilft unter anderem diese aufzubrechen. Es handelt sich bei den traditionellen Geschlechterrollen häufig um Stereotype, welche sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte verfestigt haben. Der erste Bruch der Geschlechterrollen kam mit dem Feminismus und dem Erkämpfen von weiblichen Rechten. Durch das neue, nicht binäre Geschlecht sind weitere Geschlechterrollen hinterfragt worden. Im Rahmen von Gender-Studies müssen die Geschlechterrollen häufig neu definiert und hinterfragt werden. Wichtig sind dabei nicht nur die einzelnen Rollen, sondern auch die Rechte und Pflichten, die mit diesen Rollen verknüpft und verbunden werden. Hier gibt es ein erhebliches Konfliktpotenzial, welches in vielen Bereichen sehr deutlich zu Tage tritt.
Gender Mainstreaming
Gender Mainstreaming ist ein Begriff, der erst seit kurzer Zeit relevant geworden ist. Es handelt sich dabei vor allem um Strategien von Entscheidern und der Politik, welche eine Gleichstellung aller Geschlechter ermöglichen sollen. Das ist ein Ziel, welches in der heutigen Zeit noch in sehr vielen Bereichen nicht erreicht wurde. Ein Beispiel wäre unter anderem die Bereitstellung von Toiletten für alle drei Geschlechter in öffentlichen Gebäuden. Gender Mainstreaming betrifft dabei allerdings nicht nur Bundesregierungen, sondern Verantwortliche in allen Bereichen. Denn das Gender Mainstreaming muss nicht nur von oben herab bedacht, sondern vor allem an der Basis umgesetzt werden.³
Gender – diese Geschlechter gibt es
Im Rahmen der Gender Studies und des Gender Mainstreaming haben sich mittlerweile in Deutschland und in vielen anderen Ländern mehr als die zwei biologischen Geschlechter männlich und weiblich etabliert. Das sogenannte dritte Geschlecht bezeichnet Personen, welche sich selbst nicht in das binäre Geschlechtssystem einordnen können oder wollen. Das dritte Geschlecht ist dabei deutlich zu unterscheiden von den sogenannten nichtbinären Geschlechtsidentitäten. Denn unter den Oberbegriff nichtbinär fallen auch Menschen, die generell eine Zuschreibung eines Geschlechts ablehnen. Diese werden sehr häufig auch als genderfluid bezeichnet. Noch immer sind sowohl das dritte Geschlecht als auch die nichtbinären Geschlechtsidentitäten politisch und soziologisch hart umkämpft. Es bleibt also spannend, wie sich die Geschlechter und deren Zuschreibungen auch in Zukunft noch wandeln werden.
Gender – Diese Kulturen haben mehr als zwei Geschlechter
Während es in der westlichen Welt sehr lange gedauert hat, bis mehr als zwei Geschlechter anerkannt wurden, sieht es in anderen Kulturen anders aus. Hier gibt es teils jahrhundertealte Traditionen mit mehr als zwei Geschlechterrollen. In der Kultur der Amarete in Bolivien gibt es insgesamt 10 soziale Geschlechter, die von Männern und Frauen ausgefüllt sein können. Auf Samoa gibt es unter anderem die Kultur der Fa’afafine, bei welcher ein männliches Kind zur Frau erzogen wird. Sogar in Italien, genauer gesagt in Neapel, gibt es mit Femminiello eine Geschlechterrolle für homosexuelle Männer, welche der weiblichen Geschlechterrolle zugeordnet werden.
Was kann man gendern?
Das Gendern in der Sprache ist ein Teil des Prozesses, der wichtig ist, um auch in der Sprache alle Menschen gleichermaßen abholen zu können. Meist wird im Deutschen das generische Maskulinum verwendet. Es wird also immer verstärkt der Mann angesprochen. Durch das Gendern soll es gelingen, Männer, Frauen und Diverse gleichermaßen und gleichwertig anzusprechen. Wer sich sowohl in der Sprache als auch in der Schrift an das Gendern gewöhnt hat, empfindet dies kaum noch als Störung des Sprachflusses. Dennoch gibt es auch von sprachwissenschaftlicher Seite Kritik am Gendern, da es in Teilen den natürlichen Fluss der deutschen Sprache verändert.⁴
Was bedeutet Genderkompetenz?
Der Begriff Genderkompetenz wurde in den frühen 2000er Jahren geprägt und weiterentwickelt. Der Begriff umfasst eine große Bandbreite unterschiedlicher Kompetenzen auf einer fachlichen, strukturellen und auch persönlichen Ebene. Dabei wird das Gender als zentrales Element des menschlichen Miteinanders verstanden. Es gilt sowohl in der Erziehung von Kindern als auch in der Erwachsenenbildung die Kompetenzen zu erwecken und zu entwickeln, die Rollen von Geschlechtern kritisch zu hinterfragen und deren Bedeutung in der Gesellschaft und im allgemeinen Zusammenleben zu verstehen. Je größer die Genderkompetenz einer Gesellschaft ist, umso stärker werden alle Geschlechter und Geschlechterrollen eingebunden und umso stärker ist die Gleichberechtigung zwischen allen Geschlechtern und Rollen.⁵
Gender in der Kritik
Offene Kritik am Gendern und an der Beschäftigung mit dem Gender Mainstreaming kommt aus vielen verschiedenen Teilen der Gesellschaft. Die Gründe dafür können verschieden sein. Manch einer befürchtet eine Benachteiligung oder den Verlust von Vorteilen. Andere wiederum bringen wissenschaftliche Argumente oder halten an der Tradition fest. Egal ob pro oder contra, ein offener und sachlicher Diskurs würde für mehr Klarheit sorgen.
Quellennachweise
¹ Universität Duisburg Essen (o.J.): Was bedeutet Gender?. Online verfügbar unter: https://www.uni-due.de/genderportal/gender.shtml, zuletzt geprüft am 04.05.2022.
² Genderdings (o.J.): Gender. Online verfügbar unter: https://genderdings.de/gender/, zuletzt geprüft am 04.05.2022.
³ Deutscher Bundestag (2016): Gender. Online verfügbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/425662/d6f1279b77bec6f5770c31b6a4319725/WD-9-025-16-pdf-data.pdf, zuletzt geprüft am 04.05.2022
⁴ quarks (2021): Was Gendern bringt – und was nicht. Online verfügbar unter: https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/was-gendern-bringt-und-was-nicht/, zuletzt geprüft am 03.05.2022
⁵ Erwachsenenbildung (2014): Genderkompetenz. Online verfügbar unter: https://erwachsenenbildung.at/themen/gender_mainstreaming/grundlagen/genderkompetenz.php#definition, zuletzt geprüft am 04.05.2022