Was ist Aftercare und welche Gründe gibt es im BDSM dafür? Welche Dinge müssen dabei beachtet werden und welche Arten gibt es davon? Dies und mehr verrät der Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Definition: Aftercare
Mit Aftercare oder auch die Nachsorge im BDSM ist das emotionale und psychische Auffangen der Partner gemeint, das auf Gegenseitigkeit beruht. Die beiden sprechen über das, was passiert ist und gehen dabei reflektierend vor. Auch körperliche Zuneigung ist möglich, sofern beide das möchten. Aftercare wird betrieben, um die Gefühle ohne Scham zu verarbeiten und einander Sicherheit zu geben. Aftercare ist nicht nur direkt danach möglich, sondern auch noch Tage oder Wochen später, falls einer oder beide das Bedürfnis danach haben.¹
Gründe für Aftercare
Eine BDSM-Session kann unter Umständen die Hormone im Körper sehr durcheinander bringen. Nach der Session normalisieren sich diese wieder. Das kann für starke Schwankungen bezüglich der Gefühle sorgen, die auch negativer Art sein können. Manche stürzen dabei sogar ab. Dies ist in der Szene als „Drop“ bekannt. Doch auch ohne solch einen Absturz ist Aftercare zu empfehlen, denn es intensiviert die Bindung und verstärkt das Vertrauen zwischen den Personen. Beide können dann über die letzte Session sprechen und sich einander zuwenden.¹
Was es bei der Aftercare zu beachten gilt
Wie speziell und intensiv Aftercare ist, kann sich je nach Person unterscheiden. Wie die Nachsorge verläuft, sollte bereits vorher geklärt sein. Vor allem, wenn sich die Partner noch nicht so gut kennen. Dann können sie die persönlichen Bedürfnisse kommunizieren. Bei einigen ist es so, dass sie körperliche Nähe brauchen, bei anderen nicht. Diese gehen dann auf Abstand. Und genau deshalb ist vorheriges Reden sinnvoll.
Falls der Sub sich bei der Session verletzt hat, muss sich der Dom bei der Aftercare auch darum kümmern. Selbst wenn die Verletzungen erst später ersichtlich sind oder Zeit zum Heilen brauchen. Das ist auch bei einem psychischen Absturz erforderlich, denn bei diesem kann es dauern, bis er sich bemerkbar macht. Darüber hinaus ist Aftercare nicht vom Verhalten oder der Leistung abhängig.
Beim Aftercare zeigen beide dem anderen, dass sie ihn als Mensch schätzen und ihm deshalb auch helfen möchten. Es ist absolut nicht erlaubt Aftercare zu verweigern, zum Beispiel um den anderen zu bestrafen oder zu erpressen. Das kann nämlich schlimme Folgen haben. Oft ist es so, dass Aftercare nur dem Dom zugesprochen wird, doch auch diese können eine Betreuung nach der Session brauchen, wenn sie abstürzen. Sie können Schuldgefühle oder Scham verspüren, die sich aufgrund einer Grenzüberschreitung einstellen.¹
Arten von Aftercare
Beim Aftercare steht für viele BDSM-Fans die körperliche Zuneigung ohne sexuelle Aspekte im Vordergrund, um in die alltägliche Welt zurückzukehren. Doch es gibt auch Personen, die weiterhin Sex haben möchten. Alles was beiden guttut, ist dabei erlaubt. Sie sollten Gespräche führen und sich positiv bestätigen. Schon die Stimme des anderen wirkt sich beruhigend und wohltuend aus. Darüber zu reden, was passiert ist, ist von großer Bedeutung, denn es ist konstruktiv für die nächsten Sessions.
Alles darf gesagt werden, was gut war und was nicht. Aber nicht sofort danach, sondern erst, wenn die Anspannung abgefallen ist. Hilfreich ist es auch, wenn das Gefühl in Ich-Botschaften vermittelt wird. Beide können zusammen einen Tee trinken oder zusammen etwas essen. Auch Spazieren gehen oder einen Film sehen, der für leichte Unterhaltung sorgt, ist möglich. Schöne Musik entspannt außerdem. Zusammen duschen oder baden, hilft, die Anspannung abzustreifen und sorgt für Beruhigung.
Die BDSM-Session kann mental und physisch sehr erschöpfend sein. Deshalb ist nicht nur Aftercare, sondern auch Selfcare manchmal hilfreich, damit alles leichter zu verarbeiten ist. Hier kümmert sich die Person nur um sich und nicht wie beim Aftercare um den anderen. So ist es möglich, neue Energie zu sammeln und sich gut zu fühlen. Aber auch genug Wasser zu trinken ist wichtig. Alles was sich positiv auf die Seele auswirkt, kann dabei gemacht werden. Schokolade, Meditieren, Essen bestellen und vieles mehr. Das Ziel ist es, sich ausgeglichen und entspannt zu fühlen.¹
Kuscheln sorgt dafür, dass sich die beiden Partner näherkommen und eine Verbindung spüren. Das kann für Aftercare wichtig sein. Beim Kuscheln ist es einfacher, offen miteinander zu sprechen. Es sorgt nämlich für die erforderliche Ruhe und schafft eine ausgeglichene Atmosphäre. Natürlich kann auch später noch darüber gesprochen werden, aber so ist es am einfachsten. Zudem gibt es neue Kraft, nach der Session beim Aftercare erst einmal nicht aufzustehen.
Des Weiteren können sich beide gegenseitig die Haare kämmen. Das klingt zunächst seltsam, doch auch das stärkt die Bindung zwischen Top und Sub. Für den Top bringt es Entspannung, der Sub erhält sowas wie eine Belohnung. Beim Kämmen darf ebenfalls das Gespräch gesucht werden. Dabei können sich dann beide auffangen.
Baden oder Duschen wurde schon angesprochen. Dort können sich Körper und Seele in entspannter Atmosphäre regenerieren und neue Kraft erhalten. Beide können sich dabei den Rücken waschen oder massieren. Das hilft dabei, dem anderen Respekt, Zuneigung und Wertschätzung entgegenzubringen. Das sind alles Eigenschaften, die der jeweils andere gerade nach einer Session im Rahmen von Aftercare so dringend braucht. Der Top kann seinem Sub zum Beispiel Respekt zollen, indem er zuerst die Dusche oder Wanne verlässt, um den anderen danach sanft und fürsorglich abzutrocknen. Das drückt erneut Wertschätzung aus.
Wie geschrieben, ist beim Aftercare erlaubt, was gut tut und den beiden Partnern gefällt. Dabei ist Kartenspielen auch eine gute Möglichkeit, zurück auf eine gleichwertige Ebene zu kommen. Besprochen werden sollte dabei aber nichts, zumindest nichts von Bedeutung. Aber nach dem Reden sorgt das Kartenspielen für eine lockere Stimmung.
Das Paar kann außerdem zusammen kochen. Das lockert die Atmosphäre ebenfalls auf, denn beide sind im Alltag wieder gleichwertig. Wie ausgefeilt die Kochkünste sind, spielt dabei kaum eine Rolle. Hauptsache beide nehmen Aftercare ernst. Das gemeinsame Kochen kann auch nach den Gesprächen folgen, denn währenddessen sind die Partner zu sehr abgelenkt.
Zum Aftercare gehört es weiterhin, dem anderen zu helfen, wieder auf dem Boden anzukommen, zurück in die normale Welt zu kommen oder sogar anzukommen. Allerdings ist es in der Regel so, dass Sub und Top gerne jeweils in ihrem Bereich bleiben können. Doch am wichtigsten ist, dass sich beide genau das geben, was sie nach der Session brauchen, um wieder am normalen Leben teilnehmen zu können. Schäden sollten dabei nicht zurückbleiben.
Kommt dem Aftercare denn tatsächlich eine so große Bedeutung zu? Die Frage lässt sich kurz und knapp mit Ja beantworten. Aftercare ist im BDSM essenziell, vor allem für den Sub, da er in der Session derjenige ist, der Pflichten zu erfüllen und Verantwortung zu übernehmen hat. Er muss zurück in die reale Welt finden, aber dafür braucht er Zeit, die ihm der Top in jedem Fall geben sollte – Solange dies nötig ist.
Allerdings kann die letzte Session auch für den Top kräftezehrend gewesen sein. Möglicherweise hat er etwas falsch gemacht und es nagt an ihm. Dann macht er sich selbst Vorwürfe, die in seinem Kopf immer lauter werden. Er kann sich diesen Fehler kaum verzeihen, auch dann nicht, wenn der Sub es längst gemacht hat. Deshalb ist Aftercare nicht nur für den Sub, sondern auch für den Top wichtig. Beide müssen das ernst nehmen.²
Quellennachweise
¹Marina (2020): Aftercare – Worauf es ankommt. Online verfügbar unter: https://www.deviance.app/aftercare/, zuletzt geprüft am 16.05.2022.
²Lucifer (2017): Wie funktioniert Aftercare – mit Tipps. Online verfügbar unter: https://bdsm-world.net/was-ist-aftercare/, zuletzt geprüft am 16.05.2022.