Künstliche Befruchtung steht an der vorderen Front der reproduktiven Technologien und bietet Paaren sowie Einzelpersonen eine Hoffnung auf Elternschaft, denn ungefähr 10 % aller deutschen Paare sind ungewollt kinderlos. In diesem Beitrag werden wir die unterschiedlichen Techniken der künstlichen Befruchtung untersuchen, ihre Erfolgsraten diskutieren und mögliche Kosten und Risiken beleuchten, die mit diesen fortschrittlichen medizinischen Verfahren verbunden sind.
Inhaltsverzeichnis
Definition: Künstliche Befruchtung
Der Begriff „künstliche Befruchtung“ ist ein medizinisches Verfahren, das dazu dient eine Schwangerschaft ohne Geschlechtsverkehr herbeizuführen. Diese Behandlung umfasst das Zusammentreffen von Spermien und Eizelle durch Einführen in den weiblichen Genitaltrakt oder durch Befruchtung außerhalb des menschlichen Körpers. Den Prozess der künstlichen Befruchtung gibt es sowohl bei Menschen, als auch bei Pflanzen und in der Tierwelt. Beim Letzteren spricht man von einer künstlichen Besamung. Das Verfahren der künstlichen Befruchtung wird bei Singles oder Paaren mit Kinderwunsch angewandt, da diese keine Kinder auf natürlichem Wege zeugen können.
Wer hat Anspruch auf eine künstliche Befruchtung?
In Deutschland hat grundsätzlich jeder das Recht eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen, unabhängig von Familienstand, sexueller Orientierung oder anderen persönlichen Umständen. Die einzige Voraussetzung bei Alleinstehenden ist die Festlegung einer Garantieperson, die im Falle von Krankheit oder Tod der Mutter die Betreuung übernimmt und finanziell für das Kind aufkommt. Eine psychologische Beratung vor Behandlungsbeginn ist ratsam, denn so kann die Familienplanung vorab besprochen und sich auf den Weg ins Muttersein richtig vorbereitet werden.
Ablauf einer künstlichen Befruchtung
Der Ablauf einer künstlichen Befruchtung kann je nach gewählter Methode variieren, doch die gängigsten Verfahren sind die Intro-Fertilisation (IVF), die Intrauterine Insemination (IUI), und die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI).
Vor der Behandlung untergeht die Frau einer Hormonbehandlung, um die Chancen einer künstlichen Befruchtung zu erhöhen. Dabei wird der Eisprung vor dem Verfahren durch eine Ovulationsspritze ausgelöst, da so das Wachstum der Follikel (Eibläschen) angeregt wird und auf diese Weise mehr reife Eibläschen zur Verfügung stehen. Die Hormone werden durch Selbstinjektion zu einem ärztlich festgelegten Zeitpunkt unter die Haut verabreicht. Wenn man dies selbst nicht injizieren will, kann das selbstverständlich auch der Arzt oder Partner übernehmen. Diese Behandlung kann bis zu zwei Wochen dauern, weshalb man bei abgelehnter Selbstinjektion täglich zum Arzt gehen müsste.
Die IVF beginnt nach der Hormonbehandlung. Dabei werden die reifen Eizellen der Frau aus dem Eierstock unter leichter Narkose entnommen und in ein Reagenzglas mit den Spermien des Partners vermischt. Die befruchteten Eizellen werden einige Tage im Labor kultiviert, bis sie sich zu Embryonen entwickeln, die dann in der Regel ohne Narkose in die Gebärmutter der Frau eingesetzt werden. Der Vorgang der IVF ist komplex, weshalb meist zwei bis drei Embryonen übertragen werden.
Bei der IUI wird das Sperma des Mannes, während die Frau fruchtbar ist, mittels Spritze oder über einen weichen Katheter bis in ihre Gebärmutter übertragen. Dieses Verfahren wird vorwiegend genutzt, wenn der Mann zu wenige oder nicht ausreichend bewegliche Spermien hat. Trotz vorheriger Hormonbehandlung gilt die Samenübertragung als eine der weniger belastenden Methoden für die Frau.
Zu guter Letzt haben wir die ICSI, die eine spezielle Art der IVF-Behandlung ist. Sie wird häufig eingesetzt, wenn die Spermienqualität des Mannes zu gering ist, um eine natürliche Befruchtung der Eizelle zu ermöglichen oder wenn durch die IVF-Behandlung keine Befruchtung zustande kommt. Hier wird der Frau nach einer Hormonbehandlung die Eizelle entnommen und eine einzelne Samenzelle direkt darin injiziert.
Für eine künstliche Befruchtung in einer lesbischen Beziehung, einer alleinstehenden Frau oder bei männlicher Unfruchtbarkeit wird die heterologe Insemination (auch donogene Insemination genannt) genutzt. „Heterolog“ bedeutet „verschiedenartig“ im Gegensatz zu „homolog“, was „gleichartig“ bedeutet. Dabei werden die Samen eines fremden Spenders in die Gebärmutter der fruchtbaren Frau eingebracht.
In Deutschland ist die Samenspende halboffen, weshalb das Paar den Samenspender nicht auswählen darf, sondern das Personal, das den am besten passenden Samenspender für die jeweilige Situation wählt. Halboffen bedeutet, dass das Kind nach vollendetem 16. Lebensjahr einen Anspruch auf Kenntnis seiner oder ihrer Herkunft hat, die Identität des Spenders zu erfahren. Der Spender bekommt jedoch keine Auskunft zu den Patienten und den Kindern, die durch seine Spende entstanden sind.
Durch den Transfer von mehreren Embryonen ist es möglich, dass die Frau Zwillinge oder sogar Drillinge bekommen kann, diese Wahrscheinlichkeit liegt jedoch bei etwa einem Prozent. In Deutschland ist es unter anderem verboten, das Geschlecht mittels künstlicher Befruchtung zu beeinflussen.
Kosten einer künstlichen Befruchtung
In Deutschland haben lediglich verheiratete Paare einen Anspruch auf eine Kostenübernahme für die künstliche Befruchtung. Dies gilt jedoch nur innerhalb einer gesetzlich festgelegten Altersgrenze und bei einer guten Aussicht auf Erfolg. Bei Frauen liegt die Altersgrenze zwischen dem vollendeten 25. und vollendeten 40. Lebensjahr, bei Männern jedoch zwischen dem vollendeten 25. und dem vollendeten 50. Lebensjahr.
In Deutschland haben gleichgeschlechtliche Paare und Alleinstehende allerdings keinen Anspruch auf eine Kostenübernahme für Kinderwunschbehandlungen durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Bei der privaten Krankenversicherung (PKV) sind die Voraussetzung bezüglich des Alters und Geschlechts nicht so strikt. Um das Ganze zusammenzufassen, gibt es bei Versicherten folgende Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen. Diese kann man in gesetzlich und privat Versicherte unterteilen.
Gesetzlich Versicherte:
- Muss gesetzlich miteinander verheiratet sein
- Frau ist älter als 25 und jünger als 40 Jahre
- Mann ist älter als 25 und jünger als 50 Jahre
- Unfruchtbarkeit muss ärztlich festgestellt worden sein
- Attest für Erfolgsaussicht der Kinderwunschbehandlung muss vorhanden sein
- Ausschließliche Verwendung von Ei- und Samenzellen dieses Paares
- Medizinische und psychosoziale Beratung muss vor der Behandlung stattgefunden haben
Privat Versicherte:
- Fortpflanzungsunfähigkeit in Form einer Krankheit muss bestehen
- Meist komplette Kostenübernahme der PKV des Verursachers der Kinderlosigkeit
- Generell ist der Familienstand, Alter & Versuchsanzahl unwichtig für die Behandlung
- Bei Erfolgswahrscheinlichkeit unter 15 % hat die PKV keine Verpflichtungen
Die Anzahl der erlaubten, erstattungsfähigen Versuche für die künstliche Befruchtung ist jedoch festgelegt. Wenn die Zahl überschritten wird, müssen die Paare die vollen Kosten selbst übernehmen.
Art der künstlichen Befruchtung | Anzahl der erlaubten Versuche |
In-Vitro-Fertilisation (IVF) | 3 |
Insemination ohne Stimulation (IUI) | 8 |
Insemination mit Stimulation (IUI) | 3 |
Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) | 3 |
Wenn alle Voraussetzungen der GKV erfüllt sind, übernehmen diese 50 % der Kosten. Diese Kosten variieren je nach Art der künstlichen Befruchtung, Medikamente und Narkose. Diese Kosten müssen für jeden Versuch gezahlt werden.
Art der künstlichen Befruchtung | Kosten (Richtlinien) ohne Zuschuss der GKV |
In-Vitro-Fertilisation (IVF) | ca. 4.900 € |
Insemination ohne Stimulation (IUI) | ca. 250 € |
Insemination mit Stimulation (IUI) | ca. 1.000 € |
Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) | ca. 5.200 € |
Nach einer früheren Sterilisation übernehmen die Krankenkassen in der Regel keine Kosten für die künstliche Befruchtung.
Das Bundes-Länder-Förderprogramm
Wie man den obigen Punkten entnehmen kann, gibt es in der GKV keinen Anspruch auf künstliche Befruchtung für Singles, gleichgeschlechtliche Paare, unverheiratete Paare und Ehegatten, die infertil, also zeugungsunfähig sind. Dies ist jedoch kein Grund, die Hoffnung zu verlieren, denn neben den privaten Krankenkassen, die fortpflanzungsunfähige Frauen unterstützen, gibt es eine staatliche Förderung über das Bundes-Länder-Förderprogramm, die auch unverheiratete Paare finanziell unterstützt.
Aktuell gibt es Kooperationsvereinbarungen mit zwölf Bundesländern für das Bundes-Länder-Förderprogramm:
- Bayern
- Berlin
- Bremen
- Hessen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Saarland
- Sachsen
- Sachsen-Anhalt
- Thüringen
Bis zu 50 % für den ersten bis dritten Versuch wird vom jeweiligen Bundesland gefördert, wobei sich beim vierten Versuch der Selbstbehalt der Ehepaare auf bis zu 50 % reduziert. Bei unverheirateten Paaren handelt es sich um bis zu 25 % und beim vierten Versuch um bis zu 25 %. Diese Daten können je nach Bundesland variieren.
Mithilfe des Förder-Checks vom Bundesministerium, kann man herausfinden, ob für dich eine zusätzliche finanzielle Unterstützung möglich ist.
Also was ist nun mit den anderen Paaren und Singles? Aktuell in Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, Berlin, Bremen, Thüringen und das Saarland werden anteilige Kosten als Beihilfe für Kinderwunschbehandlungen bei gleich– und verschiedengeschlechtlichen eheähnlichen Paaren übernommen, sofern sie in dem jeweiligen Bundesland wohnen. Davon muss jedoch mindestens eine Person weibliche Fortpflanzungsorange haben, sprich lesbische Paare und verschiedengeschlechtliche Paare, soweit eine medizinische Indikation vorliegt, bekommen finanzielle Unterstützung, indem sie bei ihrem jeweiligen Bundesland einen Antrag stellen. Bei schwulen Paaren geht dies nur über Adoption. Alleinstehende Frauen bekommen ebenfalls keine Kostenübernahme.
Chancen auf eine künstliche Befruchtung
Die Erfolgsquote sind schwer vorherzusagen und abhängig von Faktoren wie dem Alter der Frau, der Ursache der Unfruchtbarkeit, der Qualität der Eizellen und Spermien, sowie der allgemeinen Gesundheit der Beteiligten. Hier sind allgemeine Durchschnittswerte für die Chancen verschiedener Verfahren.
Art der künstlichen Befruchtung | Erfolgschance |
In-Vitro-Fertilisation (IVF) | ca. 25–45 % |
Homologe Insemination | ca. 10–20 % |
Heterologe Insemination (Spender) | ca. 18–25 % |
Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) | ca. 30–45 % |
Die Chance auf einen Erfolg kann nach jedem Versuch steigen.
Risiken einer künstlichen Befruchtung
Künstliche Befruchtung bietet vielen Paaren und Einzelpersonen eine wertvolle Möglichkeit, jedoch wie bei jedem medizinischen Eingriff, birgt auch die assistierte Reproduktionstechnologie gewisse Risiken. Diese haben wir hier aufgelistet.
- Fehlgeburten
- Mehrlingsschwangerschaften durch das Einsetzen mehrerer Eizellen
- Frühgeburten durch Mehrlingsschwangerschaften
- Eileiterschwangerschaften
- Ovarielles Überstimulationssyndrom (OHSS) durch Hormonbehandlung
- Risiken bei Vollnarkose
- Blutungen durch Follikelpunktion